Carmina mathematica
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Dies sind einige meiner Lieblingsgedichte aus dem wunderschönen Büchlein von Hubert Cremer.
Lebensphilosophie einer Diskriminante
Ich bin eine Diskriminante
    Und fühle mich diskriminiert,
    Weil meine vornehme Gleichung
    So sehr wegen mir sich geniert.
Als unerreichbarer Fluchtpunkt,
    Wie liefe mein Leben da glatt!
    Es stünde zumindest mein Schicksal
    Auf einem anderen Blatt!
Als beschränkte unendliche Folge
    Lebt still ich und ohne Begehr,
    Ein Häufungspunkt (wenigstens einer!)
    Wär mein — und was wollte ich mehr?
Doch wär ich ein windschiefes Vierseit,
    So wär ich viel übler dran,
    Denn jeder Punkt im Raume
    Säh mir meine Schiefe an.
Wär ich eine Stützgerade,
    Mir wär nicht wohl dabei,
    Es würde mich sehr belasten
    Die ewige Stützerei.
Und gar als begleitendes Dreibein
    Erlebte ich nichts als Schmach, —
    Ich liefe verdrehten Kurven
    Auf krummen Wegen nach.
Noch mehr als Doppelverhältnis
    Zu leben wär mir fatal,
    Ich hätte immer Skrupel
    Von wegen der Moral.
So bleib ich, als was ich geboren,
    Und lache die anderen aus,
    Sie mögen mich diskriminieren, —
    Ich mache mir nichts daraus.